Der Gebänderte Barrakuda (Sphyraena viridensis)

Ja, es gibt Barrakudas im Mittelmeer, und es kann Ihnen durchaus passieren, dass Ihnen beim Schnorcheln sogar in Ufernähe vor dem Strand welche begegnen.
Meine ersten Barrakudas habe ich jedenfalls so gesehen, schon vor vielen Jahren an der Côte d‘Azur. Allerdings habe ich da nicht erkannt, um welche Fische es sich handelte. Es war eine Schule von mindestens 20 Exemplaren, die in ziemlichem Tempo an mir vorbei schwammen, und ich bin ihnen mehrmals begegnet, sogar am folgenden Tag noch einmal. Beim Versuch, die Art zu bestimmen, war ich nicht einmal auf die Idee gekommen, bei den Barrakudas nachzuschlagen, und es blieb bei Vermutungen, die ich nicht näher überprüfen konnte, und die sich letztlich als falsch herausstellten.

Schließlich lernte ich irgendwann durch das Ansehen von Dokumentarfilmen über Korallenriffe, wie Barrakudas aussehen. Ich hatte aber immer noch keine Ahnung, dass sie auch im Mittelmeer vorkommen. Als ich ihnen dann schließlich im südspanischen Naturschutzgebiet Cabo de Gata noch einmal begegnet bin, war ich völlig überrascht. Aber dieses Mal erkannte ich die Tiere auf Anhieb. Und ich hatte sogar ausführlich Zeit und Gelegenheit, die Aufnahmen von ihnen zu machen, die Sie hier sehen.

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Fünf Barrakudas: Sphyraena viridensis

Wenn Sie selbst am Mittelmeer aufgewachsen sind, und dies hier gelesen haben, schmunzeln Sie bestimmt darüber…! 😉 Jedenfalls ist das Erscheinungsbild der Fische so markant, dass sie eigentlich – zumindest gegenüber anderen Gattungen – unverwechselbar sind.

Die genaue Bestimmung anhand der Photos und Videos zeigte, dass es sich um den Gebänderten Barrakuda (Sphyraena viridensis) handelte, der – wie die anderen Arten der Gattung – auch unter dem Namen Pfeilhecht bekannt ist. (Zur Bestimmung komme ich gleich.) Die Fische begegneten uns im Cabo de Gata in einer Wassertiefe von höchstens zwei Metern und ziemlich dicht am Ufer. Es handelte sich um fünf Exemplare von ungefähr 60 cm Länge. Sie blieben weitgehend an Ort und Stelle, schwammen aber hin und her, und behielten meine Frau und mich die ganze Zeit über genau im Auge. Ich konnte eine mehrminütige Videosequenz davon aufnehmen. Unvermittelt schwammen sie dann davon und waren nicht mehr zu sehen. Damit schien die Begegnung beendet, und ich schwamm auch weiter und beschäftigte mich mit anderen Fischen. Aber als ich mich einige Zeit später in Richtung Ufer bewegte, waren sie wieder da, an genau der gleichen Stelle wie zuvor! Wieder wirkten sie sehr wachsam. Ich habe dann noch einmal Dutzende von Fotos aufgenommen, und sie danach vorsichtshalber in einem Bogen umschwommen, um ans Ufer zu kommen.

Bei [Louisy2015] heißt es, dass Barrakudas im Mittelmeer generell selten sind, jedoch lokal und saisonal durchaus üblicherweise vorkommen können. Sie können auch in enormen Bänken auftreten.

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Eine Schule von Sphyraena viridensis, aufgenommen an der Côte d’Azur

Bestimmung der drei Arten der Gattung Sphyraena im Mittelmeer

[Louisy2015] gibt an, dass der Gebänderte Barrakuda Sphyraena viridensis an seinen ungefähr 20 bis 23 dunklen Balken in der oberen Körperhälfte erkannt werden kann. Dies lässt sich mit meinen Bildern leicht bestätigen. Und dass der Unterkiefer an einem spitzen Kinn vorsteht, was ebenfalls mühelos zu erkennen ist. Dies trifft aber auch auf die folgende(n) Art(en) zu.

[Bergbauer2017] zufolge gibt es nämlich insgesamt drei Arten von Sphyraena im Mittelmeer und sie beschreiben Sphyraena sphyraena am ausführlichsten. Bei ihr sind Brust- und Bauchflossen deutlich hintereinander angesetzt, so wie auf einem meiner Bilder gut zu erkennen ist. Diese Art lebt im freien Wasser über Fels- und Sandböden. Nach dieser Quelle kommen die Barrakudas oder Pfeilhechte im gesamten Mittelmeer, im Ostatlantik von Angola bis zur Biskaya und im Westatlantik von den Bermudas bis Brasilien vor. Weiter beschreiben sie dann noch, wie man S. sphyraena von S. viridensis und S. chrysotaenia unterscheiden kann. S. viridensis besitzt die gleiche Brust- und Bauchflossenstellung wie S. sphyraena, ist aber durch einen „schmalen Vorkiemendeckel gekennzeichnet“. Die abgesetzte Stellung von Brust- und Bauchflossen sind auf dem folgenden Bild gut zu sehen:

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Sphyraena viridensis: Achten Sie auf Brust- und Bauchflossen!

Dagegen setzen bei S. chrysotaenia die Brust- und Bauchflossen auf einer Höhe an. Auch [Louisy2015] beschreibt genau und bebildert, wie man S. viridensis und S. sphyraena voneinander unterscheiden kann. Nach ihm ist bei S. sphyraena der Vorkiemendeckel vollständig mit Schuppen bedeckt. Dagegen ist der hintere Rand des Vorkiemendeckels bei S. viridensis glatt und ohne Schuppen. Dies ist auf dem folgenden Bild gut zu erkennen:

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S. viridensis: Beachten Sie die fehlenden Schuppen am Vorkiemendeckel!

Meine anfängliche Ignoranz den Barrakudas gegenüber war ziemlich unbegründet. Ich hatte sie nämlich auf mindestens einer Tafel gesehen, die für Touristen in einem Hafenbereich aufgestellt war und auf der lokale Fischspezies gezeigt und benannt wurden. Und ich besitze schon seit vielen Jahren eine faltbare Karte „Découverte de la vie sous-marine en Méditerranée“, auf der sie – unter dem französichen Trivialnamen bécune zusammen mit dem binomischen Artnamen Sphyraena sphyraena – zu sehen sind. Und auch ein ähnliches Produkt „Guía de especies submarinas del Mar Mediterráneo“, das ich im Cabo de Gata gekauft hatte, zeigt einen espetón („Great barracuda“ Sphyraena sphyraena).
Seit ich das weiß, nehme ich auch die Abbildungen von Muränen, die ich unter anderem auf Tafeln von mindestens zwei Unterwasser-Lehrpfaden gesehen habe, sehr ernst und halte Ausschau nach ihnen. Und tatsächlich hat uns inzwischen eine Freundin berichtet, dass sie welchen begegnet ist, nur drei Buchten entfernt von einem meiner Lieblingsstrände!

Zurück zu den Barrakudas: Mein älterer Sohn hat auch erst vor kurzem wieder ein Exemplar beim Schnorcheln gesehen. Meine Frau begegnete mehreren Barrakudas bei einer anderen Gelegenheit. Sie wurde von einigen Tieren regelrecht begleitet, bis sie dann plötzlich wegschwammen. Als sie dann selbst umkehrte, tauchten sie noch einmal auf und wiederholten ihr Verhalten. Ähnliche Verhaltensweisen wurden auch von anderen Tauchern und Schnorchlern berichtet.

Sind Barrakudas für Menschen gefährlich?

[Weinberg2015] schreibt über die vorstehenden, mit spitzen Zähnen besetzten Unterkiefer, und die großen Augen von S. sphyraena, die zeigen, dass es sich um eine regelrechte Maschine zum Verfolgen und Töten seiner Beute handelt. Gleichzeitig betont er, dass es sich nicht um die gleiche Art handelt wie der Große Barracuda (S. barracuda) der tropischen Meere, der einen schlechten Ruf hat – und dies wahrscheinlich zu Unrecht, wie er schreibt. Letzteren beschreibt er in [Weinberg2019], in seinem Buch über die Unterwasserwelt des Indopazifik.
Wenn man zur Gefährlichkeit von Barrakudas im Web recherchiert, stößt man auf eine Reihe von Informationen, deren Zuverlässigkeit nicht leicht zu beurteilen ist. Außerdem ist unklar, auf welche Spezies sie sich beziehen.
Die folgenden Informationen sind wohl glaubwürdig:

  • Sie sind schnell schwimmende Fische.
  • Ihr Biss ist kraftvoll,
  • Es sind nur wenige Berichte über Angriffe bekannt, aber wenn sie beissen, dann nur einmal und entfernen sich dann. Die Begegnungen sind sehr selten tödlich.
  • Menschen gehören nicht zu ihrem Beuteschema.
  • Es gibt keinen Grund zur Angst, aber die Fische können sich durch glänzende Gegenstände unter Umständen bedroht fühlen.
  • Man sollte nicht nach Fisch riechen, wenn man ihnen begegnet, weil man sonst mit Beute verwechselt werden könnte. Aus dem gleichen Grund sollte man Fischschwärme vermeiden, die für Barrakudas als Beute infrage kommen.
  • Es gibt Berichte, nach denen Schnorchler / Taucher / Schwimmer von Barrakudas regelrecht begleitet werden (siehe auch oben), wobei die Fische dann immer irgendwann abdrehen. Es wird empfohlen, einfach weiter der Tätigkeit nachzugehen, die man durchgeführt hatte, bevor man den Fischen begegnete. Bei meiner Frau hat das funktioniert (siehe oben).

Eine relativ vertrauenswürdige Quelle, die sich auch mit der Frage der Gefahr für Taucher und Schwimmer beschäftigt hat, schien mir https://meeresleben.com/was-ist-ein-barrakuda-kennenlernen-dieser-faszinierenden-spezies/ zu sein. Ich fand interessant, was dort über die Gattung allgemein geschrieben wurde (abgerufen am 2024-09-10).

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S. viridensis: Beachten Sie, wie dicht die Gruppe zusammen steht!

Mir persönlich haben die Tiere Respekt eingeflößt und mich vorsichtig gemacht. Ich hatte aber keine Angst vor ihnen, und es gab auch keinen erkennbaren Grund dafür. Trotzdem sind es imposante Erscheinungen.

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S. viridensis